Die Tage werden kürzer, die Temperaturen niedriger: Für viele Vogelarten heißt es nun "Ab in den Süden!". Millionen von Vögeln aus Europa begeben sich jedes Jahr auf die Reise in ihre Winterquartiere. Dabei fliegen laut Schätzungen mehr als 500 Millionen Vögel über Österreich. Sie überwintern in Südfrankreich, Spanien, Marokko oder weit südlich der Sahara, je nachdem ob sie Kurz- oder Langstreckenzieher sind. Aber was heißt das genau und welche Vogelart zieht wann? Erfahren Sie mehr im Beitrag.
Kurz-, Langstrecken- oder gar Teilzieher?
Vogelarten, die einen langen Weg ins Winterquartier zurücklegen müssen, brechen in der Regel früher auf, als Vogelarten, die z. B. nur am Mittelmeer überwintern. Zu bekannten Langstrecken-Ziehern zählen Mauersegler, die schon ab Ende Juli ihre Reise antreten und südlich der Sahara überwintern. Als Kurzstreckenzieher gilt z. B. die Singdrossel, sie verbringt die kalten Monate in Westeuropa oder dem Mittelmeer. Die Einteilung der Arten in Kurz- oder Langstreckenzieher, oder in die auch verwendete Bezeichnung "Mittelstreckenzieher", ist immer von der jeweiligen Regionen aus zu betrachten, von der aus sie definiert wird. Außerdem können auch innerhalb einer Vogelart Zugwege, zurückgelegte Distanzen und Überwinterungsorte variieren.
Bei anderen Vogelarten wiederum zieht nur ein Teil aller Individuen in südlichere Gebiete. Diese Arten nennt man Teilzieher. Bei der Mönchsgrasmücke ist es beispielsweise so, dass mittlerweile einige Individuen in Österreich überwintern, während der größere Rest nach wie vor den Winter im Mittelmeerraum verbringt. Mildere Winter ermöglichen dies auch dem Hausrotschwanz, dem Zilpzalp oder der Bachstelze. Bei uns überwinternde Individuen haben den Vorteil, dass sie im Frühjahr klarerweise früher im Brutgebiet sind und daher bessere Niststandorte besetzen können. Ein möglicher Nachteil dagegen sind plötzliche Kälteeinbrüche, die, wenn sie auftreten, zu Futtermangel führen können.
Wie ziehen Vögel?
Während sich einige Vogelarten allein auf die Reise machen, ziehen andere in Trupps oder riesigen Scharen. Stare sammeln sich manchmal zu Gruppen mit vielen tausend Individuen zusammen. Sie sind dann schon von Weitem als "große, schwarze Wolke" sichtbar. Kraniche und Gänse schließen sich im Vergleich dazu zu kleineren Trupps zusammen, wo ein Individuum die Führung an der Spitze der Formation übernimmt. Das hilft dem Rest der Gruppe Kraft zu sparen; der Vogel an der Spitze wird regelmäßig abgelöst. Viele Arten fliegen übrigens nachts und bei Dämmerung. Das tun sie, um Beutegreifern auszuweichen und vermutlich auch um Überhitzung zu vermeiden. Sehr große Vögel, z. B. Greifvögel wie der Wespenbussard oder Störche, ziehen hingegen unter Tags, da sie auf die Thermik angewiesen sind.
Ökologische Barrieren
Gebirgszüge, Meere und Wüsten stellen gefährliche Hindernisse für Vögel dar. Um mehr über die Zugwege von Vögeln zu erfahren, werden Vögel mit einem kleinen Metallring mit individueller Nummer und Adresse der Beringungsstation versehen. Diese Methode in der Vogelkunde nennt man Beringung. Die Funde solcher Ringe aus Mitteleuropa lassen darauf schließen, dass viele Vögel die Alpen entweder südwestlich oder südöstlich umfliegen. Aber immerhin etwa 25 - 30 Prozent der bei uns ziehenden Vögel überqueren die Alpen direkt. Auch andere Arten, die Thermik benötigen, haben dieselbe Strategie und meiden hohe Gebirgszüge oder lange Strecken über dem Meer . An Meerengen wie in Gibraltar oder dem Bosporus können an guten Zugtagen zahlreiche ziehende Vögel beobachtet werden!
Zugstau bei Schlechtwetter
Gute Wetterbedingungen sind für den Vogelzug von großer Bedeutung. Aber was sind gute Wetterbedingungen? Rückenwinde erleichtern das Fliegen und ermöglichen für viele Arten ein gutes Vorankommen. Gegenwinde bewirken natürlich das Gegenteil und erschweren den Vogelzug. Bei länger andauernden Schlechtwetterperioden kann mancherorts ein regelrechter "Zugstau" entstehen: Vögel sammeln sich im Gebüsch, in Bäumen und anderen sicheren Verstecken, um bei besseren Verhältnissen die Reise wieder aufzunehmen. Für Vogelbeobachter*innen ein eindrucksvolles Naturschauspiel!
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