Anfang Juni 2021 wurde ein Kaiseradler südwestlich von Tulln mit Schrot angeschossen. Der verletzte Greifvogel wurde glücklicherweise von aufmerksamen Passanten geborgen und in der von "Vier Pfoten" geführten Eulen- und Greifvogelstation Haringsee (EGS) erstversorgt. Im Zuge des "Pannon Eagle Projekts" wurde "Willi" nun besendert und freigelassen. Wie es soweit kam, erfahren Sie hier.
Ein Brutvogel aus den Donauauen
Bei dem majestätischen Greifvogel handelte es sich um einen männlichen Brutvogel aus den Tullnerfelder Donauauen, der seine beiden – zu diesem Zeitpunkt – fünf Wochen alten Jungvögel und seine Partnerin ihrem Schicksal überlassen musste. Fortan überwachte eine ausgewählte Runde an Freiwilligen den Horst und den Gesundheitszustand der Jungvögel. Da das Kaiseradler-Weibchen ausreichend Nahrung beschaffte, musste nicht unterstützend eingegriffen werden.
Anrainerinnen und Anrainer zeigten sich über die Brutalität der Tat schockiert, viele hatten die beiden Kaiseradler der Umgebung ins Herz geschlossen und ihr tägliches Kreisen über dem Tullnerfeld mit Begeisterung mitverfolgt.
Auf dem Weg der Besserung
Nachdem sich der Gesundheitszustand des Kaiseradlers stabilisiert hatte, konnten auf der Vetmeduni Vienna drei von neun Schrotkugeln entfernt werden. „Aufgrund der raschen Bergung und Erstversorgung des verletzten Adlers stabilisierte sich der Gesundheitszustand des Greifvogels rasch“, berichtet Matthias Schmidt, Greifvogelexperte von BirdLife Österreich. „Wir gehen davon aus, dass dies ein gezielter Anschlag auf einen Kaiseradler ist“, zeigt sich Matthias Schmidt bestürzt. Jeder einzelne Kaiseradler ist für den fragilen Bestand von rund 30 brütenden Kaiseradlerpaare in Österreich essentiell.
Es ist ein seltener Glücksfall, dass sich stark verletzte Greifvögel wieder genesen! So ist Kaiseradler Rega, angeschossen am 21.11.2020 in Wallern (Burgenland), nach wie vor in Behandlung und wird wohl nie wieder in Freiheit leben können.
Auf in die Freiheit
Anfang Juli, kein Monat nachdem der Kaiseradler verletzt gefunden wurde, konnte er wieder freigelassen werden. Nachdem der Kaiseradler mit einem Ring und einem Telemetrie-Sender ausgestattet wurde, erfolgte die Freilassung. Nach knapp zwei Minuten wurde „Willi“, wie er benannt wurde, von seiner Partnerin erkannt und sogleich – etwas schroff – begrüßt. Nachdem die beiden gemeinsam abgezogen sind, waren wir guter Hoffnung.
Doch leider machte es ihm das Kaiseradler-Weibchen nicht so leicht: Kaum näherte er sich dem Nest und ihren gemeinsamen Jungvögeln, wurde er von ihr vertrieben.
Danke an alle aktiven Beteiligten der Vetmeduni Vienna und der Eulen- und Greifvogelstation Haringsee und natürlich den Horstbetreuerinnen und Horstbetreuern, welche die Jungvögel zur Sicherheit im Auge behalten haben.
Illegale Verfolgung und Ahndung
Hinsichtlich illegaler Greifvogelverfolgung ist der Bezirk Tulln kein unbeschriebenes Blatt: 2015 wurde hier ein Kaiseradler vergiftet aufgefunden. In demselben Jagdrevier, in dem der angeschossene Kaiseradler gefunden wurde, gab es bereits im vergangenen März fünf tote Mäusebussarde, die von BirdLife zur Anzeige gebracht wurden.
BirdLife Österreich erstattete auch im Falle von „Willi“ Anzeige nach §181f des Strafgesetzbuches und fordert eine Reform des Jagdrechts, um möglichen Vertuschungen und Verschleierungen vorzubeugen, sowie eine Verbesserung in der Strafverfolgung, wie auf Wildtierkriminalität spezialisierte Sonderstaatsanwaltschaften und entsprechende Ressourcen für die Ermittlungsarbeiten.
Verdachtsfälle (anonym) melden
In Mitteleuropa ist die illegale Verfolgung von Greifvögeln die Todesursache Nummer Eins.
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