Was fliegt denn da?
Grundlagen der Vogelbestimmung
Die heimische Vogelwelt ist faszinierend wie vielfältig, weshalb auch zu ihrer Bestimmung jede Menge Geduld und Ausdauer benötigt wird. Aber Übung macht den Meister, mit einigen Tipps und Tricks kann sich jeder an der Kunst der (Hobby-)Ornithologie üben! Die wichtigsten Werkzeuge in der Vogelbestimmung sind Geduld und Wiederholung! Wer klein beginnt und regelmäßig seine Kenntnisse trainiert, wird bald bemerken, wie rasch eine Steigerung in der Vogelbestimmung möglich ist. Nachfolgend finden Sie Tipps und Tricks zur optischen Vogelbestimmung.
Lebensraum, Verhalten & Jahreszeit
Der Jahreszyklus der Vögel ist als wandernde Tierart von Natur aus vorgegeben: Rund 2/3 aller heimischen Brutvögel sind nämlich Zugvögel – ab dem Spätsommer ziehen sie in ihre Überwinterungsgebiete in den Süden und kehren im Frühjahr wieder in die Brutreviere zurück. Dies kann oft helfen, ob sich gewisse Arten zu einem bestimmten Zeitpunkt und Ort tatsächlich aufhalten können. Gewisse Vogelarten legen auch spezifische Verhaltensweisen etwa bei Bewegungsabläufen oder der Nahrungssuche an den Tag. Dasselbe gilt auch für den Lebensraum, da Vögel gewisse artspezifische Ansprüche in Bezug auf Ernährung und Nistplatzauswahl haben.
Körperform und Größe
Eines der wichtigsten Merkmale sind die Größe und Form des Vogels festzustellen. Doch gerade die Größenbestimmung des Vogels erweist sich als weitaus komplexer, da etwa stark vergrößernde Fernrohre, Kontraste und Hintergründe zu Verzerrungen in der Wahrnehmung führen können.
Bei der Körperform ist darauf zu achten, wie dieser allgemein aufgebaut ist und ob Hals, Schwanz oder Beine gewisse Auffälligkeiten aufweisen bzw. in welchem Verhältnis sie zueinander stehen.
Im Flug können neben der Silhouette auch das Flugmuster entscheidende Hinweise geben: Fliegt der Vogel alleine oder im Trupp? Fliegt er wellenförmig oder geradlinig?
Federkleid
Das Gefieder der Vögel ist zwar auf den ersten Blick sehr eindeutig zu bestimmen, allerdings gibt es hier sogar innerhalb einer Art selbst große Unterschiede: So ist bei zahlreichen Vogelarten etwa die Färbung von Männchen und Weibchen unterschiedlich, indem die Gefiederfärbung des Männchens meist prächtiger und farbenfroher ist, als jenes des Weibchens.
Allerdings haben Vögel nicht von klein auf dasselbe Gefieder, denn dieses wird im Lebenszyklus der Vögel (Sommer vs. Winterkleid / Jugend- vs. Alterskleid) und auch während der Brutzeit (Pracht- vs. Schlichtkleid) mehrmals gewechselt („Mauser“).
Auf den Schnabel geschaut
Der Vogelschnabel besteht aus Keratin oder Schnabelhorn, das neben seiner Leichtigkeit auch den Vorteil hat unterschiedliche Formen annehmen zu können. So hat sich die Schnabelform des Vogels etwa zierlich und dünn, kurz und dick, kräftig und lang, hakenförmig oder dolchförmig entwickelt, was auch Aufschlüsse auf die Nahrungsökologie gibt. Ebenso kann die Färbung des Schnabels einen wichtigen Hinweis auf die Artzugehörigkeit, Geschlecht oder das Alter geben.
Der Vogelschnabel ist ein raffiniertes Werkzeug, das zur Nahrungssuche und Jungenfütterung, aber auch zum Nestbau und zur Erzeugung der Lautäußerungen (Gesang/Rufe) eingesetzt wird. Die Färbung spielt auch bei der Gefiederbegutachtung eine große Rolle: Hier gilt es auf die Färbung der Ober- und Unterseite zu achten, sowie nach auffallenden Mustern Ausschau zu halten.
Details machen den Unterschied
Es empfiehlt sich zur Detailbestimmung besonders auf das Gesicht und hierbei auf das Auge des Vogels zu achten. Ein schmaler Lidring umfasst das Auge und ist immer wieder kontrastreich gefärbt. Auch der sogenannte „Augenring“ – ein Federkranz ums Auge kann zur Unterscheidung relevant sein.
Kopfzeichnungen wie ein Augenstreif, Bartstreif oder Scheitelstreif sind ebenfalls eine wichtige Bestimmungshilfe.
Besonders im Flug ist gut zu erkennen, ob der Vogel eine auffällige Flügelzeichnungen oder Bürzelzeichnungen aufweist.
Die Illustrationen und Lernhilfen entstanden im Rahmen des Projekts „Grundkurs Vogelbestimmung: Einführung in die Ornithologie“, gefördert vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie .
Ausrüstung
Wir durften den „Digital Guide“ (dG) unseres Kooperationspartners Swarovski Optik hinsichtlich seiner Eignung zur Vogelbestimmung testen. Der dG ist monokulares Gerät mit integrierter 13-Megapixel-Kamera, das sich mithilfe eines integrierten Wi-Fis eine Verbindung zum Smartphone herstellt, wo der fotografierte Vogel mittels „Merlin Bird ID“-App bestimmt wird. Kaufpreis ab 1.990,-€
Swarovski digital Guide im BirdLife Test
Die Bedienung
Für „Digital Natives“ ist es leicht, den dG zu bedienen. Die Verbindung via integriertem Wi-Fi Hotspot zur dG App und in weiterer Folge zur Bestimmungs-App ist sehr schnell eingerichtet. Die Beobachtungen können auch per Livestream am Smartphone verfolgt werden.
Es gilt allerdings zu beachten, dass man neben dem aufgeladenem dG auch ein Smartphone mit ausreichender Akku-Leistung sowie Speicherplatz benötigt, da die Bestimmungs-App für die erfolgreiche Vogelbestimmung Voraussetzung ist.
Beim Einsatz im Feld wird rasch klar, dass die digitale Vogelbestimmung bei weiten Entfernungen und schlechten Lichtverhältnissen schnell an ihre Grenzen stößt. Weiters braucht man aufgrund der Auslösedauer ruhige Hände, was die Aufnahme besonders von fliegenden Vögeln etwas erschwert. Auch die monokulare Lösung ist für geübte Fernglasnutzende zu Beginn recht ungewohnt. Nichtsdestotrotz konnte beim Praxistest in Hohenau an der March ein Stelzenläufer – mit bloßem Auge definitiv nicht bestimmbar – fotografiert und via App sofort richtig identifiziert werden. Auch bei der Bestimmung eines juvenilen Wespenbussards punktete der dG mit hoher Bildqualität als auch der Bestimmungs-App.
Zielgruppe
Der dG ersetzt kein Fernglas oder Spektiv und ist eher Anfängern der Vogelbestimmung zu empfehlen, die geläufigere und weniger scheue Arten bestimmen möchten.
Ein weiterer Pluspunkt: Im Urlaub in fremden Regionen mit exotischen Vogelarten könnte sich der dG auch für Fortgeschrittene als äußerst hilfreicher Reisebegleiter für die dort heimische Vogelwelt erweisen!
Weiters punktet der dG mit seinem robusten Gehäuse, seiner schlichten Optik und einer komfortablen Handhabung.
Weitere Einsatz-Möglichkeiten
Der fotografierte Vogel könnte auch sofort an fachkundige Ornithologinnen und Ornithologen weitergesendet werden, da die Übertragung der Fotos von dG auf Smartphone/Tablet in Windeseile funktioniert. So kann auch die BirdLife Meldeplattform ornitho.at genutzt werden, indem direkt vor Ort ein Foto der Sichtung auf die Plattform geladen wird.
Zudem können Beobachtungen auch „live“ auf Social Media geteilt - oder in Zeiten von Corona Vogelbeobachtungen bei Exkursionen unter Einhaltung des Mindestabstandes auf die Smartphones der Teilnehmenden übertragen werden.
Unser Fazit: Swarovski Optik hat mit der Einführung des Digital Guide einen riesigen Schritt in der digitalen Vogelbestimmung gemacht, da ein derartiges Gerät am Markt völlig neu ist. Dennoch ersetzt der dG kein Fernglas oder Spektiv, sondern stellt eine Erweiterung der Bestimmungs-Ausrüstung für Einsteigende dar.