Um die Klimaerwärmung zu bremsen, wird in Österreich in Zukunft der Photovoltaik-Strom nicht nur von Österreichs Dächern in das Stromnetz fließen, sondern auch vom Acker oder von der Wiese – erzeugt durch Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Im Rahmen einer Studie hat sich BirdLife Österreich mit der Frage der Naturverträglichkeit dieser Anlagen beschäftigt.
Eines scheint jetzt schon gewiss: Beim Thema Photovoltaik-Anlagen auf Acker oder Wiese und Natur- bzw. Vogelschutz gehen die Meinungen weit auseinander. Die einen meinen, dass mit der weiteren Verbauung der Kulturlandschaft Lebensräume zerstört und Vogelarten verdrängt würden. Die anderen meinen, dass neue Lebens- und Nahrungsräume geschaffen werden, wenn intensiv bewirtschaftete Ackerflächen, auf welchen die Anlagen stehen werden, in selten gemähte Wiesen umgewandelt werden. Was ist nun aber richtig?
Klimakrise
Fakt ist, das Klima erwärmt sich. Neben der Energieeinsparung und der Steigerung der Energieeffizienz muss der Ausbau der erneuerbaren Energien dringend vorangetrieben werden. Österreich hat sich das Ziel gesetzt, bis zum Jahr 2030 den heimischen Strombedarf zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien zu decken. Die Photovoltaik (in weiterer Folge als PV bezeichnet) steht dabei besonders im Fokus dieser Bemühungen. Ebenfalls Fakt ist, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien oftmals auf Kosten der Natur geschieht, wie es etwa bei der Windkraft oder Wasserkraft bekannt ist.
Der Ausbau der PV im großen Stil hat in Österreich zwar noch nicht begonnen, jedoch stehen, etwa im Burgenland, bereits die ersten Großprojekte in den Startlöchern. Nicht nur aus Naturschutzsicht, auch etwa aus raumplanerischer Sicht, sollte der Fokus des PV-Ausbaus klar auf den Dachflächen und versiegelten Flächen – z. B. in Gewerbeparks oder an Lärmschutzwänden entlang von Autobahnen – liegen. Laut Studien* ist es jedoch realistisch nicht möglich, alle potentiell für die PV geeigneten Gebäudeflächen in Österreich so schnell zu nutzen, dass die Ziele für den PV-Ausbau bis zum Jahr 2030 tatsächlich erreicht werden können. PV-Freiflächenanlagen werden daher mancherorts – wie schon die Windparks – Teil des Landschaftsbildes werden.
In einer vom Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) geförderten Studie hat sich BirdLife mit dem Thema PV-Freiflächenanlagen und Vogelschutz auseinandergesetzt. Ein Teil der Studie widmet sich der Frage, welche verschiedenen Rahmenbedingungen und Erwartungshaltungen der relevanten Stakeholder (Landwirtschaft, PV-Betreiber, Naturschutz u. a.) hinsichtlich des Ausbaues der Photovoltaik in Österreich gegeben sind. Weiters wurde im Rahmen der Arbeit eine umfassende Literaturstudie zu den potentiellen Auswirkungen von Solarparks auf die Vogelwelt durchgeführt.
Verlierer ...
Als eines der zentralen Ergebnisse kann festgehalten werden, dass klar belegt ist, dass die Errichtung von Photovoltaik-Freiflächenanlagen zu einer Veränderung der vorherrschenden Lebensräume und damit einhergehend auch zur Veränderung der vorherrschenden Vogelwelt führt. Die Veränderungen sind vor allem dann als negativ zu bewerten, wenn gefährdete oder seltene Arten – ausgelöst durch Störung und/oder Lebensraumzerstörung – aus dem ursprünglichen Lebensraum verdrängt werden.
Arten wie Wachtelkönig, Raubwürger, Neuntöter (Foto; durch Verlust der Gehölze) oder tendenziell die Wachtel wurden durch die Verbauung mit PV-Freiflächenanlagen völlig verdrängt. Während die randlichen Freiflächen der Anlagen eine Lebensraumbereicherung für vorkommende Vogelgemeinschaften bedeuten können, nimmt dieser Effekt zum Inneren der Bebauung deutlich ab: Die überwiegende Monotonie führt zu einer geringeren Artenzahl wie auch Individuendichte von Vögeln.
... und Gewinner
Durch die Errichtung der Solarmodule können hingegen für einige Arten, wie für die Bachstelze oder auch den Bluthänfling (Foto), Nistmöglichlichkeiten geschaffen werden. Beide Arten nutzten die Modul-Ständerungen als Nistplatz. Auch zeigen Ergebnisse einiger Studien, dass manche Solarparks, in Anbetracht zunehmender Artenzahlen wie auch Bestandsdichten, auch zur Aufwertung von Lebensräumen durch gezieltes, extensives Management beitragen können. Da die Flächen von PV-Freiflächenanlagen nicht ertragsorientiert bewirtschaftet werden müssen, bietet sich die Chance, die größeren Freiflächen z. B. mit autochthonen, regionaltypischen Wildpflanzen-Saatmischungen anzusäen, erst später im Jahr (ab Ende Juni) zu mähen, Brachflächen anzulegen oder extensiv zu beweiden.
Bei Betrachtung der Monitoringergebnisse der Solarparks unserer deutschen Nachbarn haben sich auch Überraschungen gezeigt: Etwa dass die Feldlerche die bebauten Solarflächen durchaus auch in höheren Bestandsdichten besiedeln kann oder, dass die Grauammer auf den Freiflächen deutliche Bestandszunahmen erfuhr. Beides sind Arten, bei welchen in den vergangenen 20 Jahren deutliche Bestandseinbußen in Österreich zu verzeichnen waren (Feldlerche -46 %, Grauammer -92 %).
Handlungsleitfaden
Für BirdLife ist die Erstellung von Zonierungsplänen wesentlich. Es sollen Ausschluss-, Vorbehalts- und Eignungszonen ausgewiesen werden, wobei nach Ansicht von BirdLife die Prüfung hinsichtlich der Eignung für die Errichtung einer PV-FFA aus Natur- und insbesondere Vogelschutzsicht nur auf lokaler bis regionaler Ebene nach festgelegten Kriterien erfolgen kann.
Damit der Ausbau der Photovoltaik auf der Freifläche so naturverträglich wie möglich stattfindet, erstellte BirdLife einen Handlungsleitfaden für Behörden und Planer, welcher der Planung, Genehmigung und Errichtung von naturverträglichen Photovoltaik-Freiflächenanlage dienen soll.
Der Handlungs-Leitfaden wurde von BirdLife überarbeitet (Version 2.0). Zudem erarbeitete BirdLife österreichweit Tabu- und Vorbehaltszonen für aus Vogelschutzsicht besonders zu berücksichtigende Arten.
Download Handlungsleitfaden
Schematische Darstellung einer naturverträglichen Ausgestaltung einer PV-Freiflächenanlage
Quellen: * Fechner, H., 2020: Ermittlung des Flächenpotentials für den Photovoltaik-Ausbau in Österreich: Welche Flächenkategorien sind für die Erschließung von besonderer Bedeutung, um das Ökostromziel realisieren zu können. Mikovits, C., Schauppenlehner, T., Scherhaufer, P., Schmidt, J., Schmalzl, L., Dwor-zak, V., Hampl, N., & R.G. Sposato, 2021: A Spatially Highly Resolved Ground Mounted and Rooftop Potential Analysis for Photovoltaics in Austria.
Fotos © Natalie Arnold, KNE, O. Samwald L. Lugerbauer