Der Startschuss für die neue Förderperiode der europäischen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) ist 2 Jahre verspätet im Jahr 2021 mit der EU-GAP-Verordnung gefallen. Daraufhin wurden 2022 die GAP-Strategiepläne der Mitgliedsstaaten, die schon parallel zu Verordnung entworfen worden waren, nach abschließenden Verhandlungen genehmigt. Diese Strategiepläne sind ein neues Konzept, in dem die Mitgliedsstaaten mit größtmöglicher Flexibilität ihre Ziele für eine nachhaltige Landwirtschaft definieren und erreichen können, wobei das jeweilige Ambitionsniveau für Umweltschutz gemäß Verordnung nicht sinken darf. Auch die Indikatoren für die Erreichung der von den Mitgliedsstaaten zusätzlich zu den auf Europäischer Ebene festgelegten Zielen der GAP wurden von den MS selbst gewählt. Weiterhin ist jedoch der Feldvogelindex (FBI) einer der Wirkungsindikatoren der GAP.
Um neben der Flexibilität auch Handlungsspielraum zu gewährleisten, wurde bei den Budgetzuweisungen auch mehr Geld für „grüne“ Maßnahmen festgelegt. Leider wurde diese neue Chance von den EU-Staaten (inkl. Österreich) nur mangelhaft genutzt. Die Ausgestaltung vieler Auflagen und Fördermaßnahmen ist viel zu wenig ambitioniert, um die Zerstörung der natürlichen Grundlagen der Landwirtschaft durch Orientierung auf hohe, einseitige Produktion zu stoppen.
Versäumnisse der neuen GAP-Strategiepläne (17 Länder)
1. Budget
- Die Direktzahlungen der 1. Säule sollen eine produktionsunabhängige, flächenbezogene Unterstützung für Landwirte schaffen. In der Realität profitieren die größten Betriebe am meisten. Daher muss nach EU-Vorgaben ein Minimum von 10% der Direktzahlungen für Umverteilungszahlungen zur Stützung von Kleinbetrieben verwendet werden. Österreich ist bei diesem Mindestsatz geblieben, und hat Kleinbetriebe mit einer max. Größe von 20 ha bzw. 40 ha definiert. Umwelt-NGOs forderten max. 10 ha.
- In der 1. Säule soll im Rahmen der neuen „Ökoregelungen“ mindestens 25% für Umwelt- und Klimaleistungen verwendet werden. Für die Ökoregelungen hat Österreich nur 15% der Direktzahlungen vorgesehen, der Rest wird für die Ländliche Entwicklung verwendet.
- Bis zu 40% könnten von der 1. Säule in die 2. Säule (ländliche Entwicklung, zweckgebunden für Umweltleistungen u.a.) verschoben werden, aber die höchste Übertragungsrate der EU-Länder ist 15% (Niederlande)!
- Österreich hat traditionell schon einen sehr hohen Budgetanteil der EU-Gelder für die 2. Säule reserviert (>50% für Ländliche Entwicklung). Das österreichische Agrarumweltprogramm ÖPUL wird als Garant für eine umweltfreundliche Landwirtschaft hochgehalten. Leider leisten viele Fördermaßnahmen nicht das, was sie versprechen!
- Budgetaufteilung der GAP-Strategiepläne der Mitgliedsstaaten:
- 49% ohne Zweckbindung
- 30% für Umwelt- und Klimaziele (kein Anstieg zur letzten Förderperiode)
- Rest für Einkommensstützung, Investitionen etc.
2. Konditionalitäten
Das sind Mindeststandards, die jeder Betrieb einhalten muss, um GAP-Zahlungen erhalten zu können. Sie wurden früher „Greening“ genannt. Es gibt 10 GLÖZ-Auflagen (Guter Landwirtschaftlicher und Ökologischer Zustand), von denen einige besonders relevant für die Artenvielfalt sind:
- GLÖZ1: Erhaltung Dauergrünland
Grünland soll als wichtiger Kohlenstoffspeicher und Lebensraum erhalten bleiben. In vielen Gebieten Europas ist das Grünland mit seinen naturnahen Vegetationsgesellschaften kaum mehr vorhanden. Wo es Böden und Klima zulassen, werden Nutzpflanzen in Ackerlandschaften angebaut. Daher gibt es nun EU-weit die Auflage, dass maximal 5% der bestehenden Grünlandfläche während der laufenden GAP-Periode zu Acker umgewandelt werden dürfen. Ob der Bezugsraum national, regional oder auf den Betrieb bezogen ist, bleibt den Mitgliedsstaaten überlassen.
Dieser Prozentsatz ist immer noch zu hoch, vor allem, wenn regionale Unterschiede im Grünlandanteil außer Acht gelassen werden. Praktisch keiner der EU-Staaten hat die Flexibilität genutzt, hier strengere Auflagen zum Schutz des Grünlands zu verordnen. In der jetzigen Form erachten wir GLÖZ 1 als unzureichend, um Wiesen und Weiden vor Umwandlung zu schützen (siehe auch Abschnitt Grünland in Österreich).
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GLÖZ2: Schutz von Feuchtgebieten und Torfflächen
Feuchtgebiete, insbesondere Moore als bedeutende Kohlenstoffspeicher und -senken, bieten das größte Potential zur Einsparung von Treibhausgasen. 25% der landwirtschaftlichen Emissionen der EU könnten durch die Wiedervernässung von nur 3% der Landwirtschaftsfläche eingespart werden. Zusätzlich sind Feuchtgebiete Lebensraum für meist seltene, hochspezialisierte Arten und bieten Zugvögeln hochproduktive Nahrungsgründe als Rastplätze.
Jedoch auch hier ist die Umsetzung in den Mitgliedsstaaten mangelhaft. Vielfach kommt es zur Verzögerung in der Anwendung dieser Bestimmung, und in den meisten Staaten ist weiterhin die Instandhaltung und Erneuerung von Entwässerungen gestattet.
- GLÖZ 8 Ackerbracheflächen und Landschaftselemente (Space4Nature)
Zum Erhalt der Biodiversität und wichtiger Ökosystemleistungen fordern Umwelt-NGOs, dass 10 % der landwirtschaftlichen Fläche der Natur vorbehalten bleiben (Space for Nature, siehe auch Biodiversitätsstrategie der EU). In GLÖZ 8 wird ein Mindestprozentsatz von 4% als nichtproduktive Fläche, also Landschaftselemente oder Brachen, festgelegt.
Fast alle EU-Länder, so auch Österreich, lassen jedoch Ausnahmen zu. Betriebe, die kleiner als 10 ha sind und solche, die mehr als 75 % Grünland oder Feldfutter haben, müssen keine unproduktiven Flächen zur Verfügung stellen. Diese Ausnahmen sind nicht akzeptabel, da vor allem Grünland momentan den stärksten Verlust an Biodiversität erleiden muss! Österreich setzt auf zusätzliche Flächen durch freiwillige ÖPUL-Maßnahmen (wie „UBB“ oder „Bio“), in deren Rahmen 7 % Biodiversitätsflächen zur Verfügung gestellt werden, und hofft insgesamt auf 10 %. BirdLife ist da wesentlich skeptischer, nach unserer Schätzung können wir froh sein, wenn durchschnittlich 5 % erreicht werden!
- GLÖZ 9 Verbot von Grünlandumbruch in Natura 2000 Gebieten
Neu ist diese Regelung zum Schutz von „umweltsensiblem Dauergrünland“. Dabei geht es im Wesentlichen um Natura 2000 Schutzgüter, also Lebensraumtypen, die nach FFH-Richtlinie geschützt sind. Hier gibt es wenig Flexibilität für die Mitgliedsstaaten in der Umsetzung. Allerdings haben manche Länder die gesamte Grünlandfläche in Natura 2000 Gebieten ausgewiesen, andere haben auch außerhalb von Schutzgebieten solche Grünlandtypen definiert.
Österreich hat sich auf Natura 2000 Gebiete beschränkt, außerdem sind zwar die Lebensraumtypen klar definiert, es liegen dafür aber keine flächendeckenden Erhebungen vor, die eine Überprüfung ermöglichen oder den Anteil des betroffenen Grünlands angeben. Wir erachten die Umsetzung daher als unzureichend, um artenreiches Dauergrünland vor Umwandlung oder falscher Bewirtschaftung zu schützen.
3. Ökoregelungen und Agrarzumweltmaßnahmen
Neben den Konditionalitäten gibt es auch die neuen Ökoregelungen (25 % der Direktzahlungen (1. Säule) muss für freiwillige, einjährige Maßnahmen reserviert werden) und das Agrarumweltprogramm der 2. Säule. Diese sind jedoch unzureichend finanziert oder inhaltlich wenig ambitioniert. In der großen Vielfalt der Förderprogramme in der EU können folgende allgemeine Aussagen getroffen werden:
- Geringe Anzahl und mangelnder Ehrgeiz bei Maßnahmen zur Bekämpfung der Treibhausgasemissionen: Maßnahmen in Bezug auf Tierhaltung, Torfgebiete und Feuchtgebiete unterstützen nur bestehende Maßnahmen oder geringfügige Verbesserungen. Es ist keine Reduktion der Emissionen dadurch zu erwarten.
- Spezielle Biodiversitätsprogramme haben zu wenig Mittel und sind daher nicht wettbewerbsfähig. Entscheidend werden qualitativ hochwertige Beratungssysteme sein, um diese Maßnahmen auf die Fläche zu bringen.
- Gefährdung von natürlichen Ressourcen und Ernährungssicherheit durch Pestizid- und Düngemitteleinsatz: Maßnahmen zur Reduktion sind schlecht konzipiert. In Österreich sind besonders im konventionellen Ackerbau die Ambitionen nahe Null (effektive Regulierungen gibt es nur im Wasserrecht/Grundwasser). Im Wein-, Obst- und Hopfenanbau gibt es gute Programme, im Grünland ohnehin wenig Einsatz von Pestiziden.
4. Weiterhin schädliche Subventionen
Leider werden auch weiterhin Subventionen gewährt, die nicht mit den Zielen einer nachhaltigen Land- und Forstwirtschaft zu vereinbaren sind.
- z.B. gekoppelte Direktzahlungen (d.h. gekoppelt an Produktion oder Stückzahlen) werden großteils für intensive Viehhaltung ausgegeben (in Österreich: die Almauftriebsprämie unterstützt zwar tendenziell eine extensive Beweidung, hat aber keine geeigneten Auflagen, um eine Intensivierung zu verhindern)
- Investitionsförderungen
- Spanien: Bewässerungssysteme, die zur weiteren Gefährdung des Grundwassers führen.
- Unterstützung für Stallbau etc. (die z.B. aus Tierwohlsicht oft zu befürworten ist) führt meist dennoch auch zu Intensivierung
- Forststraßenbau führt zu weiterer Zerschneidung des Lebensraums und in Folge oft zu Intensivierung der Nutzung, vor allem in bisher schlecht zugänglichen und wenig genutzten Wäldern mit entsprechendem Alt- und Totholzanteil.
Was bedeutet das für die Biodiversität? - Beispiel Grünland
1. Erhalt der Grünlandfläche
Grünland hat Schlüsselrolle bei der Abschwächung des Klimawandels und der Erhaltung der Artenvielfalt. In Österreich ist Grünland auf die gebirgigen westlichen Bundesländer konzentriert (Vorarlberg, Tirol und Salzburg, > 90 % der landwirtschaftlichen Nutzfläche) während es im Flachland kaum mehr vorhanden ist (Burgenland 7 %, Niederösterreich 20 %). In „Grünland-Bundesländern“ ist Grünland per se keine Mangelware, es wurde aber entweder die Bewirtschaftung so intensiviert, dass es immer weniger artenreiches Grünland gibt, oder aber es ging in Steillagen durch Aufforstung oder natürliche Verwaldung verloren (Bergmähder, Almen!). Im Osten hingegen ist nahezu jede Grünlandfläche zwischen den Äckern wertvoller Lebensraum oder Strukturelement.
Im Folgenden wird beleuchtet, wie Österreich die verschiedenen Instrumente der GAP nutzt, um Grünland und seine Artenvielfalt zu erhalten. Oder auch nicht…
Konditionalitäten Grünlanderhalt (verpflichtende Auflagen im Rahmen der GAP)
- Österreich hat sich für die Reduktionsgrenze von 5 % mit nationalem Bezugsraum entschieden
- Daher wird nicht unterschieden zwischen Regionen mit unterschiedlichem Anteil an Grünland, und es gibt keine Schutzmaßnahmen für sensible Regionen (z.B. Wiesenbrütergebiete, N2000, …)
- Ab 4 % Reduktion (österreichweit!) ist eine Genehmigung für einen Flächenumbruch nötig (es ist aber unklar, wie das exekutiert werden kann)
GLÖZ 9: Schutz von umweltsensiblem Dauergrünland
- alle geschützten Lebensräume nach FFH-Richtlinie (wie z.B. Kalk-Trockenrasen, magere Flachland-Mähwiesen oder Bergwiesen) in Natura 2000 Gebieten müssen erhalten bleiben
- Verbot von Umwandeln und Umpflügen (betroffen ca. 200.000 ha)
aber
- Kein Schutz für Grünland, das nicht als Lebensraum gemäß FFH definiert ist (außer Almen, die sind in Natura 2000 auch geschützt, aber vermutlich auch noch nicht in dem Sinn bedroht; andere Mitgliedsstaaten: gesamtes Grünland in Natura 2000)
- in vielen Regionen ist kein Inventar vorhanden, der Schutz ist also nicht flächendeckend überprüfbar
- Kein solcher Schutz außerhalb Natura 2000 Gebieten! (manche Mitgliedsstaaten machen das…)
- Insgesamt hat Österreich also eine schlechtere Umsetzung im Vergleich zu anderen EU-Ländern
2. Freiwillige Bewirtschaftungs-Maßnahmen
- Österreich hat die Möglichkeit nicht genutzt, dieses (ausschließlich von der EU finanzierte) Förderinstrument für die Biodiversität einzusetzen! Die in Österreich festgelegten Ökoregelungen dienen vorrangig dem Klima-, Boden- und Grundwasserschutz sowie dem Tierwohl, was durchaus alles zu begrüßen ist, aber zumindest eine flächendeckende Biodiversitätsmaßnahme wäre sehr wichtig gewesen.
-
Die langjährige Forderung von BirdLife, die Bewirtschaftung von zweimähdigen Wiesen generell zu fördern, wurde ohne fachliche Begründung nicht umgesetzt. Diese einfache Maßnahme hätte die weitere Intensivierung im Wirtschaftsgrünland aufhalten können!
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Im Rahmen der Maßnahme „Tierwohl Weide“ müssen Rinder und andere Nutztiere (außer Schweine) mindestens 4 Monate im Jahr auf einer Weide verbringen. Dies ist aus Sicht einer artgerechten Tierhaltung sehr zu begrüßen. Allerdings erfolgt die Förderprämie per Stückzahl, was dazu führt, dass Betriebe mit hohem Viehbestand mehr Geld erhalten. Da gerade in Intensivregionen ohnehin schon zu wenig Grünlandfläche für den Viehbestand zur Verfügung steht, ist dadurch eine noch intensivere Beweidung zu befürchten.
- Fast alle landwirtschaftlichen Betriebe Österreichs nehmen an einer der beiden „horizontalen“, also quer über viele Betriebsgruppen und Regionen angebotenen, Maßnahmen „Umweltgerechte und biodiversitätsfördernde Bewirtschaftung“ (UBB) und „Biologische Wirtschaftsweise“ (Bio) teil (Ausnahme: Intensivregionen in Oberösterreich und der Steiermark). Für diese beiden Maßnahmen müssen jeweils 7 % der Betriebsfläche als Biodiversitätsflächen angelegt werden. Im Grünland bedeutet dies eine von vier Möglichkeiten (später Schnitt, großes Zeitfenster zwischen erstem und zweiten Schnitt, Brachestreifen oder Blühflächen). Diese grundsätzlich sehr sinnvollen Auflagen werden aber leider auf zu geringer Fläche vorgeschrieben und subventioniert. Wenn nur die verpflichtenden 7 % angelegt werden (sie können meist auch auf die GLÖZ 8 - Flächen angerechnet werden, daher bieten diese keinen großen Mehrwert), würde das (weil ja nicht alle Betriebe teilnehmen) nur ca. 5% der Grünlandfläche ausmachen. Ein Tropfen auf dem heißen Stein! Und ob der Tropfen dort hinfällt, wo er am meisten gebraucht wird, steht auch noch in den Sternen...
- Die Bewirtschaftung von Bergmähdern schafft sehr artenreiche Lebensräume, aber ist sehr arbeitsintensiv. Kein Wunder, dass kaum ein Landwirt sich das noch antut! Wer die Mühe nicht scheut, mit dem Handbalkenmäher auf extrem steilen und schwer erreichbaren Flächen zu mähen, wird mit einer guten Förderprämie belohnt. Insgesamt macht das aber nur 0,2% der Grünlandfläche aus.
- Neu seit 2023 wird ein Top-up (Zusatzprämie) für „artenreiche Wiesen“ in der Maßnahme „Humuserhalt und Bodenschutz“ angeboten. Konkret bedeutet das mehr Geld, wenn auf einer Mähwiese mindestens verschiedene Wiesenblumen wachsen! Es wird spannend zu sehen, wie gut diese Maßnahme angenommen wird, und ob sie eine relevante Auswirkung auf die Artenvielfalt haben kann.
- Schließlich gibt es noch die grundsätzlich lange bewährte Naturschutzmaßnahme (vormals „Wertvolle Flächen“ WF). Diese ist für besonders wertvolle Lebensräume gedacht, und jede Fläche wird von Ökolog*innen im Vorfeld begutachtet, sowie individuelle Auflagen (Schnittzeitpunkt, Düngung, etc.) vereinbart. Dieses System ist zwar sehr zielgerichtet, aber auch aufwändig und wird nur auf ca. 7 % der landwirtschaftlichen Fläche umgesetzt. Außerdem: solche Flächen können als Biodiversitätsfläche (siehe oben) angerechnet werden, und müssen daher dort vom Anteil wieder abgezogen werden.
Aufgrund der erwähnten Doppel-Anrechnungen und unklaren Zuordnungen ist es schwer zu sagen, auf wieviel Prozent der Grünlandfläche wirklich eine biodiversitätsfördernde oder extensive Bewirtschaftung gefördert wird (wie es ja das ÖPUL verspricht). Es ist aber nicht unrealistisch anzunehmen, dass ihr Anteil 10-15 % des Grünlands kaum übersteigen wird. Der große Rest verliert in dramatischem Ausmaß seine Artenvielfalt …
Greenwashing:
Neben den beschriebenen positiven Maßnahmen gibt es auch einige, die zwar als nachhaltig und biodiversitätsfördernd beschrieben werden, die aber keine effektiven Auflagen zur Sicherung dieser Wirkung beinhalten. Diese sind z.B.
- Heuwirtschaft (10% der Grünlandfläche): die wesentliche Auflage ist der Verzicht auf Silage. Silowirtschaft wurde lange als Artenkiller angeklagt, und im Gegensatz dazu scheint die Produktion von Heu sehr naturfreundlich und traditionell. Aber mit modernen Geräten hat sich auch die Produktion von Heu so verändert, dass für das Massensterben der Insekten kaum ein Unterschied zwischen den beiden Methoden besteht. Wirklich wirksame Auflagen wie z.B. späte Mahd oder reduzierte Düngung finden sich nicht in der Maßnahme. Durch hartnäckiges Lobbying konnte BirdLife ein kleines Top-up für den Verzicht auf Mähaufbereiter (Killer Nummer eins im Grünland) erreichen. Dies ist jedoch finanziell sehr unattraktiv, BirdLife befürchtet daher, dass nur wenige es in Anspruch nehmen werden.
- Almbewirtschaftung: diese traditionelle Form der Berglandwirtschaft dient zwar immer noch vielen Arten als Lebensraum, aber auch hier ist durch Zufütterung aus dem Tal, dem entsprechenden zusätzlichen Nährstoffeintrag und zu hohen Viehbesatz auf kleineren Flächen eine ökologische Verschlechterung im Gange. Die derzeitigen Auflagen sind nicht effektiv genug, um diesem Trend entgegen zu wirken, und hohe Fördergelder fließen undifferenziert in die Almwirtschaft.
- Behirtung: Gelenkte Weideführung trägt nicht nur aus landwirtschaftlicher Sicht zu einer effektiveren Beweidung bei und kann vor Beutegreifern schützen, sondern auch die Natur profitiert von einer ausgewogeneren Nutzung. Jedoch ist in dieser beliebten Fördermaßnahme auf der Alm lediglich die Anwesenheit eines Hirten notwendig – die Forderung von BirdLife und anderen NGOs zur Erarbeitung eines Weideplans wurde bisher leider nicht berücksichtigt.
3. Politische Köharenz
Neben der GAP gibt es von Seiten der EU-Kommission ein Bekenntnis zu einer stärkeren Priorisierung der Umweltziele in der Landwirtschafts- und Naturschutzpolitik. Im Zuge dessen wurden Strategien beschlossen – die wichtigsten die „farm-to-fork“- (vom Hof auf den Teller) und die EU-Biodiversitätsstrategie, die von den Mitgliedsstaaten u.a. im Rahmen der neuen GAP umgesetzt werden sollen. So sollen laut EU-Biodiversitätsstrategie z.B. 10% der landwirtschaftlichen Fläche als flächige (z.B. Brachen, Hutweiden), linienhafte (z.B. Hecken) und punktförmige Landschaftselemente (z.B. Einzelbäume) der Natur zur Verfügung gestellt werden. Ob dieses Bekenntnis auch in der Landschaft spürbar wird, hängt daher maßgeblich von den Mitgliedsstaaten ab. Im Grünland ist einer der wesentlichsten Faktoren, die den Artenschwund verursachen, der Fokus auf hohe Milchproduktion und hohe Viehbesatzdichten. Eine Abkehr davon wäre abseits der oben besprochenen Flächenzahlungen notwendig.
Positive Ansätze:
- Dem Trend zu immer größeren Betrieben wurde bisher nicht wirksam dagegengesetzt. In der Ausgleichszulage, die mit Geldern der 2. Säule die Bewirtschaftungserschwernisse durch naturräumliche Gegebenheiten wie z.B. Berglage kompensieren soll, wurde die Prämienstaffelung nun so geändert, dass die ersten 10 ha eine fünffach höhere Prämie erhalten, und kleinere Betriebe dadurch deutlich höhere Hektarprämien erhalten als größere Betriebe.
- Die Untergrenze der Viehbesatzdichte für die Einstufung als viehhaltender Betrieb wurde von 0,5 auf 0,3 GVE (Großvieheinheiten)/ha Betriebsfläche gesenkt. Dadurch profitieren auch sehr extensive Betriebe (z.B. mit Schafen oder Ziegen) von der höheren Viehhalter-Prämie, was oft naturschutzfachlich sehr wertvoll sein kann, und angesichts der geringen Flächen das Gesamtbudget kaum belastet.
- Für eine der beliebtesten Fördermaßnahmen im Grünland („Einschränkung ertragssteigernder Betriebsmittel“, also z.B. Mineraldünger, synthetische Pestizide) wurde eine Prämienschwelle eingeführt: Betriebe mit geringerer Besatzdichte (weniger als 1,4 GVE/ha) bekommen statt sonst 60 € nun 70 €/ha. Das ist besser als nichts, aus unserer Sicht aber zu wenig. Außerdem sollten aus Sicht von BirdLife nur Betriebe mit weniger als 1 GVE/ha von der höheren Prämie profitieren, was budgetneutral aber effektiver sein könnte.
- Bisher gab es in der Maßnahme „Heuwirtschaft“ (bisher: Silageverzicht) höhere Prämien für Milchbetriebe, die mehr als 2000kg Milch/Jahr produzieren. Dieser Anreiz für eine höhere Produktion wurde in der jetzigen Förderperiode gestrichen, was ein kleiner Beitrag zur Verminderung der Intensität in der Landwirtschaft ist.
Negativ:
- Es gibt eine Reihe von versäumten Möglichkeiten, Zahlungen von Fördergeldern an nachhaltige/niedrige Besatzdichte zu koppeln. Dies ist nicht erfolgt in:
- Der Basiszahlung (Einkommensgrundstützung für Nachhaltigkeit für Heimgutflächen und Almweideflächen, pro Fläche berechnet)
- Der Almauftriebsprämie (Einkommensgrundstützung für Nachhaltigkeit für Almweideflächen, pro Tier berechnet)
- Der Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete (naturbedingte oder andere gebietsspezifische Benachteiligungen, „Bergbauernförderung“)
- Der Investitionsstützung (z.B. Zuschuss für Stallbau)
Insgesamt ist der neue GAP-Strategieplan in Österreich also am Beispiel Grünland ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, um eher extensive, kleinstrukturierte Landwirtschaft zu fördern. Allerdings hätte es weit grundlegendere Änderungen gebraucht, um die Geschwindigkeit des Artenverlusts auf unseren Wiesen, Weiden und Almen einzubremsen. BirdLife wird versuchen, alle positiven Aspekte zu gut wie möglich auf die Fläche zu bringen – denn wir wollen nicht tatenlos zusehen, wie unser Grünland artenleer und zur grünen Wüste wird!
Fotos © K. Bergmüller, B. Paces