Der Buntspecht (Dendrocopos major) ist der Allrounder unter den Spechtarten: Nicht nur bei der Wahl seines Lebensraumes, sondern auch bei der Wahl der Nahrung ist der bunte Specht sehr vielseitig.
In Österreich, so wie allgemein in Mitteleuropa findet man ihn von den Tieflagen bis in die hoch liegenden, bewaldeten Bergregionen. In Laubwäldern ist er ebenso zu Hause wie in Nadelwäldern, in großen Wäldern wie auch in kleinen Gärten mit alten Bäumen.
Ein "echter" Wiener
In der Stadt Wien zählt der Buntspecht mit geschätzten 1.900 bis 3.400 Brutpaaren immerhin zu den 20 häufigsten Vogelarten. Hier ist der im Volksmund Gscheketer Bamhakl genannte Vogel in weiten Teilen des Stadtgebietes flächig zu finden. Sogar im Zentrum brütet er in baumbestandenen Parkanlagen, ja selbst in Alleen, nur in den dicht bebauten Zonen innerhalb und außerhalb des Gürtels wird man ihn schwer finden, wohl aufgrund fehlender Nistmöglichkeiten und geringerer Nahrungsverfügbarkeit. Denn eines braucht er jedenfalls: Große Bäume, und noch lieber ist es ihm, wenn sie morsche Stellen aufweisen, in denen er seine Höhle bauen kann und wo er auch gerne nach Nahrung sucht.
Aufgrund seiner Anpassungsfähigkeit ist der Buntspecht bei uns der häufigste Vertreter der schwarz-weiß-roten Spechtarten. Meist ist er leicht erkennbar an der satten Rotfärbung der Unterschwanzdecken, gut vom weißen Bauch abgegrenzt. Der männliche Buntspecht weist einen roten Nackenfleck auf, der dem Weibchen fehlt. Häufig verrät er seine Anwesenheit durch den kurzen „kick“-Ruf, der bei Aufregung in längeren Reihen hintereinander vorgebracht wird.
Instrumentalkünstler
Bereits ab Dezember, häufiger ab März, kann man sowohl das Männchen als auch das Weibchen trommeln hören. Der schnelle Trommelwirbel mit bis zu 20 Schlägen pro Sekunde ist im Vergleich zu anderen Spechtarten relativ kurz. Wie Singvögel mit dem Gesang grenzen Spechte als Instrumentalkünstler mit dem Trommeln ihr Revier ab! Haben sich ein Buntspecht-Weibchen und ein -Männchen gefunden, beginnen beide getrennt voneinander in meist alten, angemorschten Baumstämmen oder -ästen eine Höhle zu bauen. Nach gegenseitiger Begutachtung entscheidet sich das Paar für eine der Höhlen und stellt sie gemeinsam fertig. Anfang bis Mitte April legt das Weibchen meist vier bis sieben weiße, glänzende Eier in die Baumhöhle, deren Grund lediglich mit Mulm oder Spänen bedeckt ist.
In der Regel findet sich jedes Jahr ein neues Buntspechtpaar und legt innerhalb von zwei bis etwa drei Wochen eine neue Bruthöhle an. Es kommt aber auch vor, dass sich Buntspechte zur Brutzeit auch im darauffolgenden Jahr erneut verpaaren und den Nachwuchs in einer Höhle aus dem Vorjahr großziehen. An der Brut sowie an der Aufzucht beteiligen sich sowohl (das) Weibchen als auch (das) Männchen.
Sind die Jungen erst einmal geschlüpft, ist der Brutstandort nicht mehr zu verheimlichen. Unablässig zirpen sie in der Höhle, um nach ihren Eltern zu rufen. Dabei übernimmt immer nur ein Jungvogel die Rolle des „Rufers“. Er sitzt am Eingang der Höhle, wobei sich die Geschwister untereinander abwechseln. Ist die Brutzeit mit spätestens August zu Ende, gehen (das) Buntspecht-Weibchen und das -Männchen getrennte Wege und jeder bezieht wieder sein eigenes Revier.
Vielseitiger Speiseplan
Der Buntspecht ernährt sich vielseitig. Neben holzbewohnenden Käferlarven und anderen Larven, Schildläusen, Käfern, Ameisen oder Schmetterlingsraupen steht auch Vegetarisches auf seinem Speiseplan. Im Sommer ernährt er sich auch von Beeren und weichen Früchten und im Herbst von Bucheckern, Hasel- und Walnüssen. Vor allem im Winter frisst er gerne fettreiche Samen, meist von Nadelbäumen. Zur Brutzeit holt er manchmal sogar Jungvögel aus Bruthöhlen oder Nistkästen. Berühmt sind die Spechtschmieden: In Rindenspalten oder anderen Rissen im Holz klemmt er Zapfen oder Nüsse ein, um geschickt die Samen herauszupicken. Und immer wieder trifft man den Buntspecht am Futterhaus. Auch hier beweist er große Geschicklichkeit, wenn er wie eine Meise am Meisenring hängt, um sich an der fettreichen Kost zu laben.
Der Baumeister des Waldes hat auch eine wichtige Funktion für die ganze „Lebensgemeinschaft Baum“: Seine Höhlen werden von vielen Nachmietern genutzt: Meisen und andere Höhlenbrüter ziehen darin ihre Jungen auf, Säugetiere können darin übernachten und selbst für viele Insekten sind sie wichtige Verstecke!
Fotos: (c) W. Kantner, T. Hochebner, E. Kucs; K. Bouda (Pixabay)